2. Wie kann ich Selbstlern­materialien technisch erstellen?

Du lernst unterschiedliche Erstellungs- und Veröffentlichungsmöglichkeiten von Selbstlernmaterialien kennen. Dabei geht es sowohl um mögliche Plattformen als auch um Werkzeuge.

Video als Überblick

Diese Lerneinheit ist etwas umfangreicher. Zu den Inhalten gebe ich in diesem Video einen Überblick. Schau es Dir an!

Technische Anforderungen

Gute Selbstlernmaterialien müssen technisch mehrere Voraussetzungen erfüllen:

  • niederschwellig: Mit Selbstlernmaterialien sollen Lernende selbst lernen können. Das macht es erforderlich, dass sie sehr niederschwellig nutzbar sein müssen. Denn es gibt keinen Raum, um erst einmal zu erläutern, was ich mir als lehrende Person dabei gedacht habe oder wie das Selbstlernmaterial genutzt werden kann. So etwas muss direkt im Material mitgeliefert werden und sollte möglichst intuitiv verständlich sein. Sonst geben Lernende schon entnervt auf, bevor das Lernen überhaupt richtig startet ...
  • responsiv: Responsiv bedeutet, dass ein Selbstlernmaterial auf unterschiedlichen Geräten gleichermaßen gut angesehen werden kann. Du kannst Das mit diesem Online-Kurs testen: sowohl auf einem Smartphone als auch auf einem Desktop-Rechner solltest Du die Inhalte gut angezeigt bekommen. Responsibe Gestaltung ist heutzutage bei den meisten Website-Themes und Lernplattformen Standard. Es ist aber immer gut, dass sicherheitshalber zu überprüfen. Denn Lernende lernen auf unterschiedlichen Geräten - und gerade bei Selbstlernmaterialien und dem damit verbundenen flexiblem Lernen gilt das nochmals mehr.
  • anpassbar: Aus lehrender Perspektive ist die Anpassbarkeit von Selbstlernmaterialien ein wichtiger Aspekt. Das bedeutet, dass es mir mit relativ geringem Aufwand möglich sein sollte, ein einmal erstelltes Selbstlernmaterial zu ergänzen oder umzugestalten, um es z.B. an die Bedürfnisse einer anderen Zielgruppe anpassen zu können. Das ist am einfachsten, wenn ich mit Tools arbeite, die Bearbeitungen ermöglichen.
  • attraktiv: Da Lernende oft auf sich allein gestellt mit Selbstlernmaterialien lernen, ist es nochmals wichtiger, als bei Lernangeboten allgemein, dass sie attraktiv gestaltet sind. Das kann unter anderem durch ein ansprechendes und übersichtliches Layout erreicht werden und auch durch Verwendung unterschiedlicher Medien. Toll funktionieren z.B. Videos anstelle langer Texte.
  • offen: Selbstlernmaterialien sollten Lernende ermöglichen, im eigenen Tempo zu lernen - und auch basierend auf ihren eigenen Interessen und Vorerfahrungen. In der Lerneinheit zu didaktischer Gestaltung werden wir noch mehr darüber lernen. Technisch können wir schon jetzt festhalten, dass Selbstlernmaterialien aus diesem Grund so offen gestaltet sein sollten, dass Lernende sowohl einem vorgegeben Lernpfad folgen können, als auch sich gezielt die Themen heraussuchen können, die sie besonders interessieren.

Plattformen zur Erstellung und Veröffentlichung

Oben haben wir zahlreiche technische Anforderungen bzw. wünschenswerte Eigenschaften von Selbstlernmaterialien kennen gelernt. Wie aber lassen sich diese praktisch umsetzen. Im folgenden lernst Du unterschiedliche Plattformen zur Erstellung und Veröffentlichung von Selbstlernmaterialien kennen.

Selbstlernmaterialien in einem Learning Management System wie Moodle

Moodle ist das wahrscheinlich bekannteste Learning Management System. Es ist Open Source und verfügt über zahlreiche nutzbare Elemente zur Gestaltung von Online-Kursen. Für Selbstlernmaterialien ist Moodle damit perfekt geeignet: Du legst einen Kurs an, richtest die Kurseinheiten ein und füllst das alles dann mit Deinen Inhalten. Dabei kannst Du Text, Bilder, Videos, zahlreiche Einbettungen oder auch die unten noch näher vorgestellten H5P-Inhalte verwenden. Auf diese Weise kannst Du Dein Selbstlernmaterial sehr vielfältig gestalten.

Zur Nutzung brauchst Du einen Zugang zu einer Moodle-Installation. Wenn Deine Organisation das nicht zur Verfügung stellt, dann ist es relativ aufwändig, so etwas selbst zu installieren und zu warten. Ein weiterer Nachteil kann sein, dass Moodle häufig optisch nicht sehr ansprechend erscheint, oft standardmäßig eine Einschreibung/ Registrierung eingestellt ist und zunächst einmal sehr stark eine feste Kursstruktur vorgibt. Mit etwas Einarbeitung kann man aber auch ein Moodle-Selbstlernmaterial schick präsentieren.

Selbstlernmaterialien als Website / Unterseite wie Wordpress oder eine statische Seite

Ebenso wie Moodle kann man Selbstlernmaterialien auch auf der eigenen Website / der Website der Organisation erstellen und veröffentlichen. Dabei kommt dann das jeweils genutzte Content Management System zum Einsatz oder auch eine statische Website-Vorlage. Im Fall dieses Kurses nutze ich ein HTML-Template und lade es auf eine Unterseite meiner Website hoch.

Auch in diesem Fall lassen sich sehr vielfältige Selbstlernmaterialien erstellen. Offenes Teilen und Nutzen ist sehr einfach möglich - und oft gelingen mit relativ wenig Aufwand recht schicke Designs. Alles liegt auf Deinem eigenen Server, was in Hinblick auf den Datenschutz wunderbar ist. Schwierig an diesem Weg ist, dass es eine Website braucht - und auch etwas Einarbeitung, wenn man z.B. statische Vorlagen verwendet und darin in HTML die Inhalte einfügt.

Wenn Du noch keine eigene Website hast, aber diesen Weg gehen willst, dann findest Du hier eine Anleitung, wie das funktioniert (Spoiler vorab: ein Hexenwerk ist es nicht!).

Selbstlernmaterialien auf Coding-Plattformen wie Glitch, HackMD oder Github

Auch bei diesem Weg benötigst Du die Bereitschaft, mit HTML (bzw. mit Markdown) zu arbeiten. Da aber Vorlagen remixt und nicht neu erstellt werden, kannst Du diesen Weg auch wählen, wenn Du noch nie zuvor mit so etwas gearbeitet hast.

Am einfachsten für den Einstieg ist es, mit Markdown zu arbeiten. Da merkt man eigentlich gar nicht, dass man programmiert. Und HackMD (bzw. oft auch unter der Bezeichnung CodiMD oder HedgeDoc zu finden), ist ein wunderbares Tool. Im folgenden Video zeige ich Dir, wie es funktioniert. Ausprobieren kannst Du es - auch ohne Registrierung - auf hackmd.okfn.de

Glitch und Github funktionieren ähnlich. Auch hier erstellst Du etwas - hier nicht mit Markdown, sondern mit HTML - und kannst es dann direkt veröffentlichen. Das folgende Video bietet Dir einen ersten Einstieg. Genutzt wird darin diese Vorlage

Selbstlernmaterialien auf einer Kuratierungsplattformen wie Padlet

Padlet ist eine Plattform zum Anlegen von 'Übersichtswänden' mit unterschiedlichen Inhalten. Es gibt eine kostenfreie Basis-Version. Bei umfangreicherer Nutzung mit mehr Funktionen wird eine Gebühr fällig. In Hinblick auf Selbstlernmaterialien eignet sich ein Padlet, um für das Thema relevante Informationen zu kuratieren und niederschwellig zur Verfügung zu stellen. Lernende können sich dann selbstbestimmt aus den Inhalten ansehen, was sie interessiert. Ein Padlet lässt sich durch unterschiedliche Einbettungen vielfältig gestalten und z.B. durch ein Spaltenformat ergibt sich eine gute Strukturierungsmöglichkeit der Informationen.

Negativ ist, dass ich mit einem Padlet deutlich weniger Gestaltungsoptionen habe, als bei Nutzung eines Learning Managment Systems oder der Gestaltung einer eigenen Website. Außerdem mache ich mich abhängig von einem bestimmten Anbieter. Padlet ist - anders als die bisher vorgestellten Möglichkeiten - nicht Open Source.

Schnelle Veröffentlichung von Selbstlernmaterialien ohne Registrierung

Wer ganz auf die Schnelle Inhalte veröffentlichen und teilen will, kann Veröffentlichungs-Websites wie Telegra.ph, Quicknote oder TXT.fyi nutzen. Einmal veröffentlicht gibt es (außer über den Browser-Cache), kaum Änderungsmöglichkeiten. Geeignet sind diese Angebote deshalb höchstens für die schnelle Weitergabe von ein paar zusammengestellten Informationen. Genau für diesen Zweck können sie dann auch sehr hilfreich sein. Am besten probierst Du es direkt aus und erstellst einfach mal so eine erste Test-Website damit.

Werkzeuge zur Gestaltung von vielfältigen Elementen

Oben ging es um Plattformen und damit gewissermaßen um den 'Rahmen', den ich für meine Selbstlernmaterialien nutzen kann. Hier wollen wir uns noch einzelne Werkzeuge ansehen, mithilfe derer wir unterschiedliche Elemente von Selbstlernmaterialien gestalten können.

Standard-Werkzeuge nutzen

Oftmals braucht es für Selbstlernmaterialien gar keine spezifischen Werkzeuge. Du erstellst die Inhalte so, wie Du auch an einem Dokument auf Deinem Rechner arbeiten würdest. Neben Text hast Du die Möglichkeiten, Einbettungen vorzunehmen. Hier sind vor allem Videos oder H5P-Inhalte eine gute und nützliche Sache für Selbstlernmaterialien.

Videos und Screencasts aufzeichnen

Passend zum Thema erläutere ich dir als Video, wie ich bei Video- und Screencastaufzeichnungen vorgehe:

Wenn Du Dich vertiefter in das Thema Video- und Audioerstellung einarbeiten willst - und unter anderem auch die in meiner Aufzeichnung erwähnte Open Source Software OBS Studio näher kennen lernen willst - dann empfehle ich Dir dazu diesen offenen Online-Kurs der OERcamp SummOERschool.

H5P für interaktive Selbstüberprüfungen

Mit der Open Source Software H5P kannst Du ohne Programmierkenntnisse interaktive Online-Bildungsmaterialien erstellen. Interaktiv bedeutet, dass Nutzende etwas eingeben können und eine Rückmeldung dazu erhalten. Es liegt auf der Hand, dass das natürlich insbesondere für Selbstlernmaterialien toll ist! Zum Abschluss der ersten Lerneinheit in diesem Kurs hast Du bereits eine solche Selbstüberprüfung kennen gelernt. Neben dem dort verwendeten 'Single Choice Set' (= Nutzende wählen immer eine richtige Antwort aus), gibt es auch zahlreiche andere Frageformate.

Wenn Du Moodle oder Wordpress nutzt, dann kannst Du H5P dort direkt installieren (bzw. von einer administrierenden Person installieren lassen). Falls du diese Möglichkeit noch nicht hast, kannst Du zunächst auf der Website EinstiegH5p testen und ausprobieren. Einen Überblick über die verfügbaren Inhaltstypen von H5P findest Du auf dieser Website. Für Selbstlernmaterialien finde ich vor allem die Inhaltstypen Quiz, Summary oder Single Choice Set empfehlenswert. Im folgenden Screencast ist die Nutzung des H5P-Editors kurz erklärt.

Wenn Du H5P umfassend kennen lernen willst, dann gibt es auch dazu einen offenen Online-Kurs bei der OERcamp SummOERschool.

Jetzt bist Du dran!

Ausprobieren

Oben habe ich Dir jede Menge Plattformen und Werkzeuge vorgestellt. Wenn Du Dir darüber einen ersten Überblick verschafft hast, kann es ans Ausprobieren gehen: Schaue Dir die Plattformen und Werkzeuge, die für Dich infrage kommen, genauer an - und versuche damit erste Test-Selbstlernmaterialien zu erstellen. Insbesondere empfehle ich Dir, H5P auszuprobieren.

Alles klar? Dann geht es weiter mit Lerneinheit 3 - und einem Einstieg in rechtliche Herausforderungen bei der Gestaltung von Selbstlernmaterialien.

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